Die meisten Verträge sind gekündigt. Potentielle Nachmieter sehen sich die Wohnung an. Auf der To-Do-Liste findet reges Treiben statt. Immer mehr Aufgaben bekommen den Status „schon erledigt“. In 6 Wochen ist meine Wohnung aufgelöst, meine Möbel eingelagert und ich werde im Flieger nach San Francisco sitzen. Und werde dort erstmal ein paar Monate auf einem Zen Retreat verbringen.
Wie fühlt es sich dieses Mal an? Ich muss sagen: erstaunlich gut. Da ich schon einmal den Prozess „Wohnungsauflösung vor Weltreise“ durchgeführt habe, fällt es jetzt deutlich leichter.
Der zentrale Punkt für mich: Dinge. Besitztümer. Gegenstände. Die eingelagert oder entsorgt werden wollen. Was ich vor dem letzten Umzug nicht wußte: Bücherkartons sind zwar kleiner als Umzugskartos, aber immer noch viel zu schwer, wenn sie mit Schallplatten vollgepackt sind. Ein Resultat des letzten Einlagern war mein erster Hexenschuss, der mich noch 4 Wochen später in Laos wieder einholte mit Schmerzen, die nicht von dieser Welt waren. Die Lehre für dieses Mal: ich habe mir noch kleinere, speziell für Schallplatten angefertigte Kartons geholt. Diese lassen sich dann einfach tragen ohne die eigene Gesundheit zu ruinieren.
Und generell ist „die Herrschaft der Dinge über den Menschen“ gerade wieder Thema. Ich hatte vor 2 Jahren schon meinen Besitz reduziert, jetzt ist der Umzug nochmal Grund zur Gesundschrumpfung. Als würden mich Dinge begleiten, die nicht wirklich in diesen Lebensabschnitt gehörten. Und die ich nur ausgepackt habe, um sie jetzt wieder einzupacken. Da fragt man sich schon nach dem Sinn dieser Übung. Zumal ich gerne die nächsten 2 Jahre mindestens komplett mobil sein werde. Nach San Francisco wird es eine kurze Zwischenstation geben und ab April wird es zu zweit ein Jahr lang rund um die Welt gehen. Kuba, Mexiko, USA, Kanada, Peru, Bolivien – und dann mal sehen. Von der Weltreise in die Weltreise. Aber ich hatte ja letztes Jahr schon angedroht, mich in meinem neuen Domizil nur kurz ausruhen zu wollen. Um dann weiterzufliegen.
Finanziell habe ich im vergangenen Jahr neue Einsichten gewonnen: mit den meisten Entscheidungen bin ich zufrieden, ich hätte aber vor allem mit der Wohnung Einsparpotential gehabt. Vor allem habe ich eine zu teure Wohnung genommen. Im Januar musste alles schnell gehen bei der Wohnungssuche und ich war zu gestresst um mich auf Wohngemeinschaften einzulassen. Die Vorstellungsrunden waren eher komisch und eigentlich musste ich mir damals eingestehen: ich wollte damals meine Ruhe haben. Nach der Arbeit nach Hause kommen, Tür zu und Ruhe. Das ist definitiv keine gute Voraussetzung, um in eine WG zu ziehen.
Wohnen ist derzeit in vielen deutschen Städten aber immens teuer. Und alleine zu Wohnen sowieso. Ich kam hier pro Monat mit Miete, Strom, Gas, Telefon, Rundfunkbeitrag auf 680 Euro. Das ist schon eine Hausnummer. Zumal ich das Geld auch gut in das Projekt „Weltreise 2017“ hätte investieren können. Pro Monat 200-300 Euro zu sparen durch ein WG-Zimmer wäre sicher drin gewesen.
Ganz gut dagegen lief der Kauf von Möbeln bei dem omnipräsenten, schwedischen Konzern. Ich habe dieses Mal nur die notwendigsten Dinge gekauft. Also wirklich nur das, was ich auch wirklich benutze und eben nicht das 7-teilige-Geschirrset. Und was ich jetzt nicht mehr benötige, verkaufe ich wieder: Teppich, Kallax Regale und ein Schlafsofa. Ebay Kleinanzeigen ist wie üblich eine gute Adresse dafür, auch wenn das in Berlin besser lief. Klar, dort leben 3.300.000 Menschen und man kann dort ab 2 Eur/ Stunde einen Kastenwagen ausleihen. Das gibt es in Karlsruhe nicht, was sich auf den Gebrauchtverkauf von sperrigen Gegenständen auswirkt. Wenn ich erst einen teuren Transporter leihen muss, dann rechnet sich der Gebrauchtkauf nicht mehr.
Was in Sachen „Geld sparen“ ebenso richtig gut lief war das Essen. Zum Glück schlief das mittägliche Ritual „Wir gehen mal rüber ins Restaurant“ mit der Firma ein. Und damit auch der Sozialdruck, dort mit gehen zu müssen. Stattdessen wechselte ich mittags zu selbstgemachten Salaten, am Anfang hatte ich noch Fertigsalate geholt. Und der Blick auf meine Ausgaben für Essen 2016 ist eine steil abfallende Kurve – hochgradig erfreulich! Und selbst Essen zubereiten ist viel gesünder. Morgens gibt es auch nur noch selbstmixte Müslis ohne Zucker. Sich gesund sparen – und ein Epic Win.
Alles ist möglich. Man muss es nur tun.
Vielen Dank für deinen Artikel. Wohnungsräumungen werden oft unterschätzt.
Da gebe ich Amalia B. recht. Man ist nicht so schnell und einfach mal eben ausgewandert wie viele Leute denken. Selbst wenn man nur für ein Jahr das Land verlässt, aber die Wohnung nicht halten kann / will, steckt da schon viel Organisation und Aufwand drin. Danke für deinen Post und allzeit gute Reise! LG